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Channel: Ukraine – Der BRD-Schwindel
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Die Karten sagen die Wahrheit

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Von Thomas Roth

Der amerikanische Finanzexperte John Mauldin und George Friedman, der Direktor des privaten Beratungsinstituts „Stratfor“, welches manchmal auch „Schatten-CIA“ genannt wird, haben in einem Material für die amerikanische Zeitschrift Forbes erklärt, warum die Ukraine und die Krim für Russland überhaupt so wichtig sind.Russland-Karte-620x330

Die ukrainische Grenze

Grenze zur Ukraine

Grenze zur Ukraine

Ich möchte diese spannende und informative Publikation eigentlich nicht Artikel nennen. Das Material stellt eher eine Auswahl von Illustrationen dar – eigentlich sind es Karten mit ausgiebigen Erläuterungen. Das ist einer der Fälle, wo Illustrationen viel beredter sind als Worte. Das Ausgangsmaterial wurde von Pavel Shipilin zusammengestellt.

Das Firmencredo von George Friedman sind die geographischen – im engeren Sinne die topographischen – Besonderheiten der Regionen, die seiner Meinung nach sowohl ihre Entwicklung, als auch ihre Richtung beeinflussen. Man kann sagen, auf der Basis der Geographie bildet er seine strategischen Prognosen. Wenigstens betont er das immer.

1. Russland hat tatsächlich keinen Ausgang zum Meer

Die Linie St. Petersburg-Rostov am Don

Die Linie St. Petersburg-Rostov am Don

Die Linie Sankt Petersburg-Rostow am Don umreißt grob die östlichen Grenzen der Staaten des Baltikums, Weissrusslands und der Ukraine.

Tatsächlich kann ich einen beliebigen Punkt der europäischen Halbinsel nehmen und stelle fest, dass die Entfernung vom Meer weniger als 300 Meilen beträgt.

Der Großteil des russischen Hoheitsgebietes hat im Gegensatz zur europäischen Halbinsel keinen solchen Zugang zum Meer. Die russischen Großstädte sind in großer Entfernung vom Nordpolarmeer gelegen und das erweist sich – mit nur wenigen dort existierenden Häfen und hauptsächlich in der Winterperiode – als untauglich für die Nutzung.

2. Europa kontrolliert Russlands Ausgang zu den Ozeanen

Russlands Seehäfen sind leicht kontrollierbar.

Russlands Seehäfen sind leicht kontrollierbar.

Im europäischen Teil Russlands gibt es drei potentielle Punkte, von denen aus man Zugang zu dem weltweiten System der Seefahrt bekommen kann. Der erste Zugang geht durch den Bosporus und kann leicht geschlossen werden, er befindet sich unter Kontrolle der Türkei.

Der zweite Zugang nimmt seinen Ausgang in Sankt Petersburg, von wo aus die Schiffe durch dänische Gewässer fahren müssen, die auch leicht zu blockieren sind.

Der dritte Zugang ist eine lange Reiseroute, die sich durch die Arktis hinzieht. Während des Kalten Krieges arbeiteten die Luftstreitkräftebasen in Norwegen, Schottland und Island zusammen mit Flugzeugträgerkampfgruppen, um Russland den Zugang zum Meer zu verwehren. Inzwischen hat der Zugang eines Landes zu den Meeren eine bestimmende Bedeutung für seine Wirtschafts- und politische Kraft.

3. Die westliche Grenze spielt die Schlüsselrolle für die russische Infrastruktur

Die Hauptbevölkerung Russlands ist an seiner westlichen Grenze mit Europa und der Südgrenze mit dem Kaukasus konzentriert. Sibirien ist nur schwach besiedelt.

Die Bevölkerungsdichte in der alten Sowjetunion. Alles konzentriert sich im Westen und Südwesten.

Die Bevölkerungsdichte in der alten Sowjetunion. Alles konzentriert sich im Westen und Südwesten.

Das Zentrum der russischen Landwirtschaft befindet sich im Südwestteil des Landes. Das Klima Nordrusslands begünstigt die Landwirtschaft nicht, was die Grenze mit der Ukraine, dem Kaukasus und Zentralasien überlebenswichtig für Russland macht. Das trifft auch auf die Bevölkerung zu, der Westen und der Süden Russlands sind die wichtigsten und produktivsten Zonen für die landwirtschaftliche Nutzung.

Die landwirtschaftlichen Nutzflächen in Russland befinden sich vornehmlich im Südwesten.

Die landwirtschaftlichen Nutzflächen in Russland befinden sich vornehmlich im Südwesten.

Das Eisenbahntransportnetz ist auf den Westen und die ehemaligen sowjetischen Republiken ausgerichtet. Die Betonung liegt dabei erneut auf dem Westen und dem Süden – nur zwei Bahnlinien verbinden den europäischen Teil Russlands mit der Pazifikseeregion und der überwiegende Teil Sibiriens ist vom Transportsystem ganz und gar nicht erfasst. Dauerfrostboden, kaum Besiedlung und Interessenlosigkeit sind die Gründe dafür.

Das russische Eisenbahnnetz.

Das russische Eisenbahnnetz.

So befinden sich die wesentlichen Kreuzungen, von denen Russland in höchstem Maße abhängig ist, im Westen und in der Nähe des Kaukasus. Der europäische Teil ist der Kern Russlands, während alle übrigen Gebiete weiter östlich, im asiatischen Teil, die Peripherie ist.

4. Russland hat den Puffer zum Westen verloren

Als militärische Macht ist Russland sehr verwundbar. Es nimmt die ganze europäische Ebene ein, wo nur einige natürliche Barrieren den Feind aufhalten können, wenn der aus dem Westen kommt. Östlich erweitert sich nach den Höhenzügen der Karpaten die Ebene in den Süden und öffnet die Türen nach Russland.

Die Topographie Europas.

Die Topographie Europas.

Bei einer aktiven Wirtschaftstätigkeit unweit der Grenze und einer kleinen Zahl natürlicher Barrieren zeigt sich Russland in Gefahr. Deshalb kann es gar keinen verwundern, dass die russische nationale Strategie darin besteht, die Grenze so weit wie möglich nach Westen zu verschieben. Den ersten Schutzgürtel der Länder am östlichen Rand der europäischen Halbinsel bilden das Baltikum, Weissrussland und die Ukraine, das ist ein Raum, durch den sich Russland schützen kann und der ihm, was als sehr angenehm empfunden wird, zusätzliche Wirtschaftsmöglichkeiten gewährt.

Das Russische Reich vor dem Ersten Weltkrieg

Das Russische Reich vor dem Ersten Weltkrieg

Im Jahr 1914, kurz vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges, hatte Russland den ersten Gürtel und einige Länder des zweiten, solche wie das moderne Polen und Rumänien, vollständig absorbiert. Wenn 1914 Deutschland und Österreich-Ungarn Russland angegriffen hätten, dann hätte die Tiefe dieses Puffers den Russen ermöglicht, außerhalb Russlands bis 1917 Widerstand zu leisten.

Die deutschen Truppen drangen während des Zweiten Weltkriegs tief in russisches Gebiet vor.

Die deutschen Truppen drangen während des Zweiten Weltkriegs tief in russisches Gebiet vor.

Im Jahr 1941, als Deutschland Russland erneut angriff, trug sein Überfall einen radikalen Charakter. Die Deutschen hatten fast die ganze europäische Halbinsel besetzt und haben dann ihren Angriff Richtung Osten und Süden (Richtung Kaukasus) gerichtet. Und schließlich hat Russland Deutschland nur dank der Größe der Territorien und der Standhaftigkeit seiner Truppen besiegt. Wenn die Russen diese strategische Tiefe nicht gehabt hätten, wäre das ihr Untergang gewesen.

Deshalb entstand die Strategie Russlands zum Schluss des Zweiten Weltkriegs, die eigenen Grenzen soweit wie möglich nach Westen zu verschieben. Das wurde eine sehr großzügige Erweiterung Russlands durch die Verschiebung der westlichen Grenzen. Russland hat sich den ersten Gürtel der Länder – Baltikum, Weissrussland und die Ukraine – genommen und ist westlich aufgerückt, um den zweiten Gürtel, wie auch die östliche Hälfte Deutschlands, zu ergreifen.

Europa während der Zeit des Kalten Krieges. Russland bildet einen Ring aus "Satellitenstaaten" um sich herum.

Europa während der Zeit des Kalten Krieges. Russland bildet einen Ring aus „Satellitenstaaten“ um sich herum.

Die ideale geographische Position Russlands schuf eine existentielle Bedrohung für das übrige Europa. Aber bei den Europäern und den Amerikanern blieben zwei Vorteile.

Erstens: sie hielten Russland mit einem breiten Ring umfasst und konnten ihm den Zugang zum Meer verwehren, wenn es gewünscht wurde.

Zweitens, und das war noch wichtiger: sie haben sich den Meerhandelsblock geschaffen, der grandiose Einkünfte im Vergleich zur sowjetischen Allianz (Russland fehlte der Zugang zum Meer) geschaffen hat. Im Endeffekt ist das Wettrüsten, das vom Westen keine besonderen Bemühungen erforderte, Russlands teuer zu stehen gekommen.

Und als im Jahre 1980 der Preissturz beim Erdöl geschah (etwa 10 Euro pro Barrel), konnten die Russen wegen des Fallens der Einkünfte nicht leben und nicht sterben. Der Sowjetunion war ein irreversibler Zerstörungsschlag zugefügt worden, von dem sie sich bis zum Schluss nicht mehr erholten.

5. Russland hat jetzt nichts mehr zu verlieren

Der Rückzug der russischen Kräfte zurück zu der Linie, die das Land von der europäischen Halbinsel trennt, hat sich als präzedenzlos erwiesen (siehe auf der ersten Karte). Der erste Gürtel der Halbinsel befand sich seit dem 18. Jahrhundert unter Kontrolle Russlands. Nach 1991 hat es die Macht über beide Gürtel verloren. Es ist schon sehr lange her, dass sich die Grenze Russlands so nahe bei Moskau befand, wie jetzt.

Die Russen sind gezwungen, darauf zu bauen, dass das europäisch-amerikanische Interesse an der Bildung eines westlich orientierten Regimes auf die Ukraine beschränkt bleibt. Vom russischen Standpunkt aus wurde nicht nur die kritische Pufferzone verloren, sondern an die Grenzen des Landes sind zu allem Übel auch noch die Russland feindselig gegenüberstehenden ukrainischen Streitkräfte dicht herangerückt.

Die Tatsache, dass sich in der gegebenen Situation Russland in einer sehr komplizierten Lage befindet, bedeutet, dass die Russen in der ukrainischen Frage bei dem Erreichten kaum stehenbleiben werden. Russland wird niemals annehmen, dass sich das Interesse des Westens für die Region mit vortrefflichen Absichten verbindet.

Russland ist, obwohl es sich an der Peripherie befindet, eher die Einigkeit zu eigen, als die Zersplitterung – und es schöpft seine Macht aus den Kräften, die im Kampf mit den Schwierigkeiten gefunden werden. Das Land befindet sich in einer geographisch verwundbaren Lage und sein Kern hat keinen Ausgang zum Meer.

Das Land wird nicht durch das Blühen vereinigt, sondern durch den allgemein idealisierten Begriff von der Ergebenheit gegenüber Mütterchen Russland. Und in diesem Sinn existiert ein tiefer Abgrund zwischen Europa und den USA (die das Blühen als Rechtfertigung für die Ergebenheit verwenden) und Russland (für die die Richtigkeit abgeleitet ist von der Ergebenheit gegenüber der Macht des Staates und jener unveränderlichen Bestimmung, was es bedeutet, ein Russe zu sein).

Das alles gibt den Russen eine Chance. Wie schlecht es auch immer mit ihrer Wirtschaft im Moment steht, und dann noch die mit ihrer geographischen Lage verbundenen Nachteile, und trotzdem … das alles gewährt den Russen die Möglichkeit, ihre Gegner sogar noch zu verwundern und das macht sie noch viel gefährlicher.

Leider hat sich die Ukraine, die viele von den Russen gerechterweise wie einen Teil Russlands wahrnehmen, als ausländischer Staat gezeigt, als Teil der Pufferzone, die heute Russland vom Westen trennt. Und das bedeutet, dass in einem Krieg, der mit Sicherheit doch geschehen wird, niemand – weder die Russen noch deren Feinde – die Ukrainer verschonen wird. Auf sie wartet das Schicksal Polens der Mitte des vorigen Jahrhunderts, das abwechselnd von deutschen und von russischen Stiefeln zertreten wurde.

Die Meinung der Bewohner der Pufferzonen, die die geopolitischen Gegner trennen, interessiert niemanden. Sie werden immer von den kämpfenden Seiten betrogen, die einfach ihre Ziele verfolgen. Heute interessiert sich der Westen für die Ukraine, dabei auf Russland zielend. Und den Russen bleibt gar nichts weiter übrig, als sich gegen den Westen zu verteidigen. Hier ist Gelegenheit erneut darauf hinzuweisen, dass es zwischen Staaten keine Emotionen (Freundschaft, Hass, Liebe, Verachtung, o.ä.) gibt. Es gibt ausschließlich Interessen.

Die Ukraine blühte nur in jenen Jahren, als Russland sie für ihr Territorium hielt, deshalb wurde auch die ganze Entwicklung darauf angelegt. Aus einem reinen Agrarland wurde durch Delegierung sowjetischer Industrie ein Land mit funktionierenden Industriezweigen. Weder die Europäische Union, noch die USA werden die Ukraine oder jedes andere Land des „russophoben Gürtels“ jemals so unterstützen, sie werden nicht in sie investieren. Das ist einfach unvernünftig und widerspräche, im Übrigen, dem üblichen amerikanischen Verhalten, das mehr auf ausrauben ausgerichtet ist. Was die „Russophoben“ brauchen wird ihnen aus der Produktion der westlichen Industrie verkauft. Die unterstützen deren Lebenskraft nur im Falle des nächsten Krieges gegen Russland.

Heute benimmt sich die Ukraine in etwa so, wie sich Polen im Jahr 1930 benahm, als es sich entschieden hatte, sich mit Vergnügen von der einträchtigen Familie der europäischen Völker übernehmen zu lassen und mit ihnen alles zu gleichen Teilen zu teilen, sogar die Territorien, die Kolonien und die Stücke der Tschechoslowakei. Bis zum Ende des August 1939 glaubte man in Warschau nicht, dass man sie einfach ausnutzt. Die Einsicht war schrecklich und kam leider zu spät.

Der Ukraine steht noch bevor zu wählen: entweder mit dem Westen und den Rechten eines nicht verwandten Kindes zu leben, dem man immer nur verspricht, es zu adoptieren, es aber niemals macht, oder in die Familie zurückzukehren, sie könnten dabei aber lange auch mittellos bleiben. Bis die Einsicht gekommen ist – glauben die verwirrten Ukrainer immer noch, dass die guten Onkel und Tanten sie in ihre prächtigen Häuser im reichen Viertel hereinlassen werden. Also mal ehrlich, was für eine Naivität?


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