von Niki Vogt
Das Dorogomilowski-Bezirksgericht in Moskau hat am gestrigen Dienstag der Klage Wladimir Olejniks stattgegeben. Olejnik war vor den Geschehnissen des Maidan im Februar 2014 Abgeordneter des ukrainischen Parlamentes (Rada) gewesen. Er stuft den Maidan-Aufstand und den daraus folgenden Machtwechsel in Kiew als illegalen Staatsstreich ein, und erkennt daher die seitdem amtierende Kiewer Regierung nicht als legal an.
In den westlichen Mainstream-Medien wurde über diesen Prozeß nicht berichtet, obwohl das Moskauer Gericht auch prominente und mit den Vorgängen vertraute Spitzenpolitiker als Zeugen geladen hat: Den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, seinen französischen Amtskollegen Laurent Fabius und Polens Außenminister Radoslaw Sikorski.
Alle drei Außenminister als Vertreter der EU-Staaten hatten damals die Kompromiß-Vereinbarung vom 21. Februar 2014 zwischen Viktor Janukowitsch, dem damaligen, rechtmäßigen und gewählten ukrainischen Präsidenten und der protestierenden Opposition auf dem Maidan unterschrieben.
Keiner der als Zeugen geladenen Außenminister reagierte. Die Medien der EU berichteten nicht – außer ein paar wenigen alternativen Webseiten. Dabei waren etwa vierzig Journalisten – auch westliche – anwesend und verfolgten die Verhandlung über einen Bildschirm in einem Nebenraum. Die BBC berichtete – allerdings nur in ihrem russischen und ukrainischen Sender.
In der Vorweihnachtswoche wurden hohe ukrainische Politiker, die vor dem Maidan-Machtwechsel im Amt waren, als Zeugen einvernommen (alphabetische Reihenfolge): Nikolai Asarow (ehemaliger ukrainischer Ministerpräsident), Aleksandr Jakimenko (ehemaliger ukrainischer Geheimdienstchef), Viktor Janukowitsch (ehemaliger Präsident der Ukraine), Andrej Kljujew (ehemaliger Leiter der Präsidialverwaltung der Ukraine), Viktor Pschonka (ehemaliger Generalstaatsanwalt der Ukraine) sowie Vitali Sachartschenko (ehemaliger ukrainischer Innenminister). Alle sechs Zeugen sagten aus, daß mit Hilfe der USA und anderer westlicher Staaten (der EU) ein lange im Voraus geplanter Staatsstreich angezettelt und durchgeführt worden sei.
„Dieser Sachverhalt wurde durch Beweise erhärtet, die durch Ermittlungen analysiert wurden“,
steht in dem richterlichen Beschluß der Richterin Anna Schipikova, am gestrigen Dienstag veröffentlicht wurde.
Das ehemalige, ukrainische Parlamentsmitglied und Kläger, Wladimir Olejnik, mußte während der Unruhen 2014 aus Kiew flüchten, da er sein Leben akut bedroht sah, genau wie der damalige Präsident, Viktor Janukowitsch.
Alle Bemühungen Olejniks, vor einem ukrainischen Gericht zu klagen, waren gescheitert. Daher sah er als einzigen Weg, vor einem russischen Gericht zu klagen. Das erkannte das russische Gericht als juristisch einwandfrei an, weil Rußland, ebenso wie die Ukraine, zu den Unterzeichnern der Deklaration der Menschenrechte gehöre.
Das Moskauer Gericht unterstützte die Auffassung des Klägers: Olejnik könne sich auch deswegen mit seiner Klage an ein russisches Gericht wenden, da er in der Ukraine kein Gehör vor Gericht bekomme und nur so seine Rechte wiederherstellen konne. Außerdem bestünden zwischen Rußland und der Ukraine „einmalige Beziehungen“ und eine Verpflichtung des russischen Gerichtes, die Maidan-Ereignisse in der Ukraine rechtlich zu bewerten, wie es in der Erläuterung des Dorogomilowsko-Gerichts hieß.
Hier gehe es überdies auch nicht um eine rein inner-ukrainische Angelegenheit. Hier gehe es um einen Umsturz. der von äußeren Mächten mittels immenser finanzieller Ausstattung der „Aufständischen“ und starkem politischem wie auch medialem Druck für die Maidan-Protestler, einen inner-ukrainischen, gewalttätigen Konflikt provoziert habe.
Daher, so argumentiert der Kläger Olejnik, hätten die westliche Staaten direkten Anteil an dem Staatsstreich. Darüberhinaus sei die Absetzung des gewähltenukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch verfassungswidrig gewesen. Laut der ukrainischen Verfassung kann ein neuer, geschäftsführender Präsident nur dann das Amt übernehmen, wenn der amtierende Präsident entweder zurückgetreten, krank oder tot ist – oder via Amtsenthebungsverfahren abgesetzt wurde.
Es habe jedoch keine dieser Voraussetzungen vorgelegen. Viktor Janukowitsch flüchtete am 21. Februar 2014 aus Kiew auf die Krim flüchtete, weil er in akuter Lebensgefahr gewesen sei. Die Entmachtung Janukowitschs per Parlamentsbeschluß sei demzufolge illegitim, so der Kläger Wladimir Olejnik. Eine Absetzung des Präsidenten durch Parlamentsbeschluß ist in der Verfassug der Ukraine nicht vorgesehen.
Sowohl die Entmachtung des Präsidenten Janukowitsch als auch die darauffolgende Präsidentschaftswahl am 25. Mai 2014 müsse somit vom Gericht als ungesetzlich festgestellt werden.
Das Dorogomilowski-Gericht stellte also gestern aufgrund dieses Vortrages und der Anhörung der sechs oben genannten Zeugen sowie der Berücksichtigung weiterer Beweise fest, daß
„wegen einseitiger Unterstützung durch Vertreter westlicher Staaten“
Ereignisse stattfanden, die zu
„Massenunruhen, zur Stürmung und Besetzung von Regierungsgebäuden, Tötung von Beamten der Rechtsschutzorgane, zur Veränderung der Gesetzgebung und zur illegalen Entmachtung des Präsidenten Viktor Janukowitsch“
geführt haben.